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Entstehung der Rettungsorganisation AGH

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Geschichtliches zur Rettungsorganisation der AGH
(aus dem "Leitfaden Höhlen-Medizin", 5. Auflage, 1999)

Das Wissen um die Schwierigkeit der Bergung eines Unfallopfers in einem sehr schwierigen Gelände hat, mehr noch als im Alpinismus, das Verhalten der Höhlenforscher geprägt. Selbsthilfe war schon darum angesagt, weil man bei wichtigen Gliedern der Rettungskette, wie Polizei und Feuerwehr früher nicht auf ihre Höhlentauglichkeit zählen konnte; auch bei bestandenen Rettungsorganisationen, wie dem SAC und der Armee, mussten diesbezüglich Vorbehalte angebracht werden. Die Aktionen anlässlich des Einschlusses von Prof. Bögli mit drei Kameraden im Jahre 1952 machten dies deutlich. Im Dezember 1952 wurde darum ein erstes Rettungsreglement zusammengestellt. Für Prof. Alfred Bögli war eine gute Ausbildung in Erster Hilfe stets ein wichtiges Anliegen. Ein Tag Sanitätskurs gehörte zu jeder Sommerforschung.

In den Sechziger Jahren hat dann Gottlieb Bärtschi mit der Bereitstellung eines kleinen Teams vor Ort begonnen. Von Beginn an wurde auf eine gute lokale Verankerung Wert gelegt, mit der Familie Suter schon aus Dankbarkeit, aber auch mit der Kantonspolizei und dem Militär, besonders dem Zeughaus Schwyz. Zusätzlich zur Besinnung auf die eigenen Möglichkeiten wurden Kontakte zur Rettungskolonne der SAC-Sektion Mythen geknüpft und gepflegt. Dies nicht nur aufgrund von deren Erfahrung, sondern auch aus der Einschätzung heraus, dass man selber personell wie materiell rasch überfordert wäre. Auch wurden bergerfahrene Ärzte kontaktiert.

Im Vordergrund stand zu Beginn die Hochwasserwacht. Es wurden Notdepots im Riesensaal, Biwak I und Glitzertor-Biwak angelegt und eine rigorose Einstiegskontrolle etabliert. Daneben wurden auch bereits einige technisch heikle Stellen im Hinblick auf eine Rettung eingerichtet, ein Einsatzplan und eine Alarmliste erstellt.

Im Januar 1968 war dann, nach zwei erfolglosen ersten Anläufen, die eigentliche Rettungsorganisation geschaffen, mit Prof. Bögli als Obmann und G. Bärtschi als Einsatzleiter, als Ärzte standen Dr. Paul Müller und Dr. Ruedi Burger zur Verfügung.

Eine strukturierte Rettungsorganisation war also eben erst entstanden, als sie sich das erste Mal gleich in grossem Stile bewähren musste: Am 3. Januar 1969 verunglückte Max Zumbühl im Silvesterschlot nach einer Sprengung. Der offene Beinbruch, den er sich dabei zuzog, verunmöglichte eine Rettung aus eigenen Kräften oder mit Hilfe der Kameraden. Nach der Versorgung der Verletzung vor Ort durch Max Gubser wurde die Bergung unter Einsatz eines Grossteils der AGH und der Rettungskolonne Mythen unter Louis Tschümperlin innert einer Woche ermöglicht. Bereits bei diesem ersten grossen Einsatz zeigte sich etwas, was fortan die Entwicklung der Rettungsorganisation bestimmen sollte: Es braucht bei einem Unfall im Hölloch medizinische Kenntnisse, Leute mit alpinistisch-technischer Erfahrung, vor allem aber auch eine Einsatzleitung, welche sich mit den grossen logistischen Problemen, mit Information und Zeitplanung, aber auch mit der Kommunikation mit Angehörigen und Presse befasst.

Ein Unglück kommt selten allein: Am 26. Januar 1969 verunglückte ein Höhlengänger am Pas de l'Échelle. Wiederum handelte es sich um einen Beinbruch, diesmal zum Glück einen unkomplizierten. Die kleine Gruppe versuchte die Bergung aus eigener Kraft. Dies gelang aber nur bis zum Nadelöhr, dann musste das Unternehmen bei allseitiger Erschöpfung als aussichtslos abgebrochen werden. Die nachfolgende Rettung erfolgte in wenig mehr als 18 Stunden.

Die Rettungskolonne hatte auch mehrere Einsätze wegen Überfälligkeit von Höhlenforschern und von Touristen, mit und ohne Hochwassersituation. Zudem wurde sie wiederholt von befreundeten Organisationen zur Verstärkung angefordert. Zahlreiche kleinere Einsätze, aber auch einige nicht so unbedeutende Verletzungen, konnten von den Gruppen selber, ohne Einsatz der Rettungskolonne, gelöst werden.

Der Einsatz der Rettungskolonne vom 6. August 1977 bleibt allen in traurigster Erinnerung. Donald Krämer konnte nur noch tot aus dem Schwyzerschacht geborgen werden. Er war beim Ausstieg vom Wasser eines unerwarteten Gewitters überrascht worden, das ihn beim Aufstieg am Einfachseil blockierte und in kürzester Zeit zum Tod durch Unterkühlung geführt haben muss.

Nachdem sich die Zusammenarbeit mit der SAC - Rettungskolonne schon gut bewährt hatte, wurde auf organisatorischer Seite die Kooperation mit weiteren Partnern gesucht. Unter Rettungsobmann Christian Werner wurden die Kontakte mit dem Speleo-Secours Schweiz der SGH/SSS und mit der REGA geknüpft. Mit dem Spéléo-Secours besteht mittlerweile eine enge Zusammenarbeit. Der Erfahrungsaustausch wird auch international gepflegt.

Seit den Erkenntnissen aus der Rettung von Max Zumbühl hat sich, vielleicht im Gegensatz zu anderen Organisationen, immer wieder ein Prinzip der drei Bereiche durchgesetzt: Einsatzleitung, Technik und Medizin. Die Erfahrung mit unserem ersten und zugleich grössten Einsatz haben uns gelehrt, wie wichtig eine gute Logistik und eine gekonnte Einsatzleitung sind. Während in der Höhle Technik und Medizin den Vorrang haben und die erfahrensten Leute vor Ort aktiv werden müssen, operiert die Einsatzleitung von ausserhalb der Höhle. Sie hat neben der Einsatzplanung und -leitung die ganze Versorgung und Koordination in der Höhle zu gewährleisten. Eines ihrer wichtigsten Werkzeuge sind darum die Kommunikationsmittel. Die AGH ist darum mit den Übermittlungsgeräten von Felix Ziegler und Christian Ebi auch auf diesem Gebiet an vorderster Front der Entwicklung dabei.

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